Heute finden sich in Bonaduz die Schweizer Schafzücher für die nationale Delegiertenversammlung ein. Für den Bonaduzer Organisator Riccardo Caluori eine grosse Bestätigung seines Wirkens.
Virginia ritter
Wenn es um seine Schafe geht, ist Riccardo Caluori nicht zu bremsen. Spricht er von seinen Tieren, schwingt die Leidenschaft in seiner Stimme mit. Und die Empörung ist echt, wenn er sich über den mangelnden Schutz der Schafe beklagt.
Der 44-jährige Bonaduzer fühlt sich sichtlich wohl auf seinem kleinen Bauernhof am Dorfrand. An die 100 Schafe und ein paar Ziegen und Hühner bevölkern seinen Hof, Caluori kennt jedes Tier beim Namen. Auch seine beiden Kinder tragen Verantwortung, sie hegen und pflegen ihre eigenen Tiere selber.
Ein besonderer Erfolg
Caluori, als Vorstandsmitglied im Bündner und Schweizerischen Schafzuchtverband engagiert, betreibt den Hof nur als Hobby. Hauptberuflich arbeitet er beim Bauunternehmen Prader AG in Chur. Trotzdem fliesst sein Herzblut in seine Tiere und in die Arbeit bei den Schafzuchtvereinen. Aus diesem Grund ist es für ihn auch ein besonderer Erfolg, dass er die diesjährige Delegiertenversammlung des Schweizerischen Schafzuchtverbandes nicht nur nach Graubünden holen konnte, sondern sogar in seine Heimat- und Bürgergemeinde Bonaduz. «Seit 1988 ist die Delegiertenversammlung nicht mehr in Graubünden gewesen, dazumal war sie noch im Plantahof.» Für den Bonaduzer hat diese Delegiertenversammlung nicht nur einen beruflichen Aspekt, sondern sie ist für ihn auch eine Art grosses Familientreffen. In Schafzüchterkreisen kennt man sich gut, aber Zeit für einen Kaffee und Plausch findet sich meist nur an schweizübergreifenden Anlässen wie zum Beispiel heute in Bonaduz.
Politische Aufgaben
Im Schweizerischen Schafzuchtverband sitzt Riccardo Caluori nicht nur im Vorstand, er hat auch die Rolle des Experten inne. Zu seinen Aufgaben gehört die Beurteilung der Schafe nach Typ, Bein-, Gangart und nach Wolle. Wichtig sei, dass die Tiere geländegängig sind, X- oder O-Beine wären nicht erwünscht. «Die Schafe müssen sich an steilen Hängen einwandfrei bewegen können». Andere Kriterien sind die Beschaffenheit der Wolle und die Fleischigkeit. Dies mit dem Hintergrund, dass die Preise für Wolle und Fleisch nicht besonders hoch sind. «Die Preise haben sich zwar ein wenig erholt und die Wolle erfährt eine steigende Wertschätzung als Qualitätsprodukt, aber uns reicht das noch nicht», gibt sich der Schafzüchter kämpferisch. Mit dem Verkauf der Wolle könne man zum Beispiel nur die halbe Arbeit des Scherers bezahlen.
Neben seinen Vorstandstätigkeiten bildet der Hobbybauer neue Experten aus. Dazu kommen Aufgaben wie die Besuche und Beurteilung der Schafhalter und deren Zuchten und auch Aufgaben politischer Natur: Zu jeder Verordnung und zu allen Konzepten, die die Agrarpolitik betreffen, nehme man Stellung und versuche, die Interessen der Schafhalter und der Bauern zu vertreten. Das scheint eine der schwierigsten Aufgaben zu sein, denn der Verband kann zwar Empfehlungen abgeben, jedoch nicht selber Entscheidungen treffen. Man sieht es Caluori an, dass er diese Tatsache bedauert. «Wir versuchen, das Bestmögliche für unsere Mitglieder herauszuholen.» Denn umgekehrt sei die Arbeit der Züchter unverzichtbar. «Dass die Alpen nicht verganden, ist allein den Bauern zu verdanken, die ihre Tiere jedes Jahr sömmern.» Schlussendlich liege es aber beim Kanton, Lösungen zu liefern.
Die nächste Generation
Dieser engagierte Einsatz für die Schafe fordert vom passionierten Züchter viel Zeit und Energie. Auf lange Sicht sieht Caluori daher ein reduziertes Pensum beim Schafzuchtverein. «Die Jüngeren sollen ans Ruder.» Ein Traum wäre natürlich, bei der Arbeit kürzerzutreten und den Bauernhof auszubauen. «Aber das wird wahrscheinlich ein Traum bleiben», bemerkt der Hobbybauer ein wenig wehmütig. Ein Teil des Stallausbaus sei aber dennoch geplant, ein wenig träumen dürfe man ja.
Für seine verbleibende Zeit will Caluori seinen Expertenkurs optimieren. «Ich möchte ihn in den nächsten Jahren noch ausbauen und verbessern.» Auch im Bündner Schafzuchtverband will Caluori noch etwas erreichen. «Mein Ziel ist es, dass es trotz der schwierigen Umstände wegen der Grossraubtiere noch möglich ist, die Schafe sicher auf den Alpen zu sömmern.»
Für seinen Hof hofft Caluori natürlich, dass eines der Kinder diesen eines Tages übernehmen wird. «Beide interessieren sich sehr für die Landwirtschaft und helfen auch gerne mit, aber bis jetzt ist noch nichts sicher. Gerne hätte ich es schon, aber sie sollen das von sich aus entscheiden», sagt der, der mit den Schafen tanzt.